Das deutsche Antidigitalgesetz ist ein Fallbeispiel für Fortschrittshemmung
4 min read„Angesichts der zunehmenden Nutzung digitaler Kommunikationsmittel“, sagen die Richtlinien der Europäischen Union deutlich. [this information] Kann auf elektronischem Weg erteilt werden. Gee, könnte man sagen. Aber es ist gut zu verdeutlichen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Wahl für ihre Verträge haben sollten: Papier, PDF oder beides.
Nur Deutschland hat nichts davon. Es wurde ein Gesetz verabschiedet, das digitale Verträge und Unterschriften komplett verbietet. Egal, ob Sie ein Programmierer sind, der online Arbeit findet, ein Amazon-Lieferant oder ein Dilbert-Charakter, Sie erhalten Ihre Bedingungen im Kleingedruckten auf Papier – die Art von totem Baum. Und die trockene Tinte trägt die Unterschrift Ihres neuen Chefs. Arbeitgeber werden mit einer Geldstrafe von bis zu 2.000 Euro (2.049 US-Dollar) pro Vorfall belegt, wenn sie stattdessen einen digitalen Vertrag ausstellen.
Das erwartet man von vier Regierungen unter Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Während ihrer 16-jährigen Amtszeit versprach jede Bundestagswahl jede Mainstream-Partei die digitale Transformation – für immer, weil sie nie kam.
Doch die neue Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz sollte dieses Muster durchbrechen. Die Koalition besteht aus Scholes‘ Mitte-Links-Sozialdemokraten, den umweltbewussten Grünen und den wirtschaftsfreundlichen Freien Demokraten. Gerade letztere machten die digitale Transformation zu ihrer zentralen Botschaft.
Andererseits sind Regeln, wie Otto von Bismarck bekanntermaßen bemerkte, wie Würste und am besten nicht zu sehen, wie sie hergestellt werden. Wenn Sie sich dieses Gesetz genau angesehen hätten, hätten Sie den Deutschen Gewerkschaftsbund im Hintergrund gesehen. Der DGB, wie diese Gewerkschaftslobby auf Deutsch heißt, hat besonderen Einfluss bei den Sozialdemokraten, die das Arbeitsministerium leiten, das die Gesetzgebung gemacht hat.
Der DGB hat bei der Ausarbeitung des Gesetzes die Zulassung jeglicher elektronischer Vertragsmedien kategorisch ausgeschlossen. Also fragte ich sie: Um Himmels willen, warum?
Zum Schutz „prekärer“ Beschäftigter erklärte mir ein DGB-Sprecher. Viele von ihnen haben nur ein Smartphone, aber keinen Drucker oder Breitbandanschluss zu Hause und müssen keine E-Mails checken oder sich ins Firmen-Intranet einloggen. Auch wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber später vor Gericht landen, ist ein Vertrag in Papierform besser, findet er. Und die Leute schauen auch nie auf ihre (digitalen) Telekommunikationsverträge, erinnerte er mich.
Was für eine seltsame Argumentationslinie – die Natur der Einstellungen, die überall vorhanden sind und sich immer weiterentwickeln. Der DGB und damit das deutsche Recht verbietet alle millionenfachen digitalen Arbeitsverträge, weil manche Menschen mit Papierversionen besser bedient sind.
Wie wäre es, wenn Sie Arbeitgeber auffordern würden, neue Mitarbeiter zu fragen, wie sie ihren Vertrag erhalten möchten? Machen Sie Papier zu einer Option – nicht zu einer Pflicht. Nach der Logik des DGB sollte die Regierung Apple Pay und alle anderen digitalen Geldbörsen sowie Kreditkarten verbieten und Scheine und Münzen nur zulassen, weil sich jemand irgendwo mit dieser Zahlungsmethode wohlfühlt.
Multiplizieren Sie diesen Ansatz nun hundert-, tausend-, millionenfach – und Sie erhalten Deutschland. Die Europäische Kommission rankt die EU-Mitgliedstaaten regelmäßig nach ihrer digitalen Entwicklung. Insgesamt liegt Deutschland derzeit mit 13 im Mittelfeld. Aber Deutschland hat in letzter Zeit die entsprechende physische Infrastruktur verbessert, von Breitbandleitungen bis hin zu drahtlosen Netzwerken, wo sie jetzt überdurchschnittlich gut ist.
In der mentalen Infrastruktur ist es eine andere Geschichte. Bei der Nutzung von E-Rechnungen beispielsweise ist Deutschland Schlusslicht. In Bezug auf die Durchdringung von E-Government-Diensten belegt es den 24. Platz vor Italien, Bulgarien und Rumänien. Noch alarmierender ist ein anderer Bericht der ESCP Business School in Berlin. Demnach gehört Deutschland zu den Ländern mit den stärksten Rückgängen bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit. Innerhalb der Group of 20, einem Forum der fortgeschrittenen Volkswirtschaften, rangiert es auf dem drittletzten Platz.
Was die Deutschen manchmal vermissen, ist, dass es beim digitalen Fortschritt nicht nur um Kabel, Antennen und Schnickschnack geht. Es geht auch darum, was Sie bereit sind, mit ihnen zu tun und ob Sie bereit sind, sich zu ändern.
Analysten schätzen nun die Kosten des neuen Gesetzes in Bezug auf Bürokratie, Papier, Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Es ist groß. Manche fragen sich, welche Zustellmethode der DGB das nächste Mal vorschlagen wird. Postkutschen? Brieftauben? Beides erfordert eine umfangreiche Infrastruktur in der Tierhaltung. Vielleicht sollte die Sholes-Regierung mit den Vorbereitungen beginnen.
Diese Kolumne gibt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder von Bloomberg LP und ihrer Eigentümer wieder.
Andreas Kluth ist Meinungskolumnist bei Bloomberg und berichtet über europäische Politik. Er ist ehemaliger Redakteur des Handelsblatt Global, Autor des Economist und Autor von „Hannibal and Me“.
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